Die sechs selektionierten Schweizer Seglerinnen und Segler haben an den Olympischen Segelwettbewerben in Enoshima / Tokio ihr Bestes gegeben. Mit einem Sieg im Medal Race der 470er Damen und zwei Diplomen gehen erfolgreiche Spiele für das Swiss Sailing Team zu Ende.

Fahrni/Siegenthaler – 470W (coach Toni Ripoll) : 4. ((12), 4, 8, 2, 5, 10, 9, 7, 12, 5, 2)
Mateo Sanz Lanz – RS:X (coach Asier Fernandez) : 8. (1, 1, 9, 10, 4, 5, 16, (17), 12, 10, 13, 15, 6) Schneiter/Cujean – 49er (coach Dave Evans) : 14. (16, 10, 14, 10, 4, (UFD), 9, 9, 10, 18, 13, 12)
Maud Jayet – ILCA 6 (coach Nathalie Brugger) : 19. (22, 7, 22, (34), 13, 1, 21, 25, 28, 24)

Ergebnisse : https://tokyo2020.sailing.org/results-centre/

Tom Reulein, Team Leader : Freud und Leid liegen im Spitzensport und gerade an Olympischen Spielen sehr nahe zusammen. So konnten Seb und Lucien ihr volles Leistungspotential eigentlich nur in wenigen Wettfahrten abrufen. Das reicht auf diesem Niveau einfach nicht, um sich fürs das abschließende Race der besten 10 Boote zu qualifizieren. Am meisten enttäuscht sind zu allererst die Segler, die so hart für ein besseres Ergebnis gearbeitet haben und nun diese herbe Niederlage verarbeiten müssen. Mateo hingegen hat zum Abschluss seiner Karriere im Medal Race nochmals voll aufgedreht und gezeigt, dass er bei „seinen“ Leichtwindbedingungen ein valabler Medaillenkandidat ist. Ein Olympisches Diplom in dieser so herausfordernden Bootsklasse trotz zweier Starkwindtage zu gewinnen verdient höchsten Respekt!

Linda Fahrni & Maja Siegenthaler – 470

Mit ihrem vierten Platz bei den Olympischen Spielen von Tokio haben die Bernerinnen Linda Fahrni und Maja Siegenthaler die Schweiz bis zum Ende träumen lassen. Und sie haben an sich geglaubt: Das Damenduo im 470er lag auf Rang sechs, bevor es heute Morgen in das Medal Race (den doppelt zählenden Endlauf) startete. Theoretisch war damit noch eine Medaille möglich. Ohne Druck und lediglich mit einem Olympischen Diplom als Ziel vor den Augen bestritten die beiden Seglerinnen ein perfektes Schlussrennen und entschieden das Medal Race für sich. Mit einem Rückstand von zehn Punkten auf die Bronzemedaille schlossen sie ihre gemeinsame Olympiakarriere somit glänzend ab.

Die beiden 28-jährigen Bernerinnen, die vom renommierten spanischen Coach Toni Ripoll trainiert werden, blicken damit auf eine ausgezeichnete Segelwoche in den Gewässern vor der Halbinsel Enoshima zurück. Dank ihrer grossen Stetigkeit sowie ihrer mentalen, taktischen und körperlichen Stärke haben sie unter sämtlichen Windbedingungen exzellente Läufe hingelegt. 2016 hatten die für den Thunersee Yacht Club startenden Seglerinnen bei ihren ersten Olympischen Spielen in Rio in der Endwertung Platz 14 belegt.

«Es ist genial, diese schwierigen Olympischen Spiele auf eine solche Weise abzuschliessen», so Teamchef Tom Reulein. «Wir haben gezeigt, dass wir ein Medal Race gewinnen können. Die Schweiz kann stolz auf ihr Team sein!»

Das Swiss Sailing Team hat – mit dem Sieg des Windsurfers Mateo Sanz Lanz zu Beginn und dem heutigen Triumph der Frauen im 470er zum Abschluss – den ersten und den letzten Lauf der Olympischen Spiele für sich entschieden. Das weckt Erinnerungen an Rio 2016, als das 470er-Männerteam Brauchli/Hausser das Medal Race ebenfalls gewann!

Swiss Olympic hatte Linda Fahrni und Maja Siegenthaler im Frühjahr dank des elften Platzes, den sie bei den Weltmeisterschaften in dieser Disziplin errungen hatten, für die Spiele nominiert. Im Mai gewannen sie dann bei den Europameisterschaften die Bronzemedaille. Jetzt blicken sie auf eine letzte gemeinsame Saison voller Glanzpunkte zurück. Denn Tokio 2020 war die letzte gemeinsame Olympiaregatta, die das seit 2008 bestehende Seglerinnenduo bestritten hat. Bei Olympia 2024 in Paris wird ihr 470er-Boot mit einem Mixed-Team ins Rennen gehen. Damit endet für die beiden Frauen ein grossartiges Abenteuer, das vor vielen Jahren auf der 420er-Jolle begann und nun in den Spielen von Tokio gipfelte – und das die Schweiz mit Stolz erfüllt hat. Danke Linda, danke Maja!

Linda Fahrni & Maja Siegenthaler : Das ist ein grossartiger Regattaabschluss für uns! Die ganze Woche über haben wir uns voll ins Zeug gelegt und unser Bestes gegeben – mehr war nicht drin. Uns ist diese Woche sehr viel mehr gelungen als misslungen. Es hätte nicht besser laufen können.

Wir hatten ja schon bewiesen, dass ein Sieg beim Medal Race möglich war. Dass wir nun aber Vierte bei den Olympischen Spielen geworden sind, ist kaum zu glauben. Wir liegen direkt hinter Bronze, wenn auch mit grossem Abstand. Vor dem Medal Race hatten wir viele Punkte Rückstand auf die Medaillenplätze. Wir haben dann aber nicht auf das Gesamtklassement geschaut, sondern einfach alles gegeben.

Zu sagen, dass dies unser letztes gemeinsames Rennen war, ist seltsam. Unser Ziel war es jedoch, von dieser Woche zu profitieren und Spass zu haben. Das ist uns gelungen. Gestern war ein schwieriger Tag für uns. Deshalb ist es wirklich toll, heute einen erfolgreichen Schlusspunkt gesetzt zu haben. Wir haben unser Ziel erreicht. Das ist wirklich genial! Als Schweizerinnen verdienen wir die Schokoladenmedaille!

Und jetzt warten die Ferien. Wir brauchen nun Zeit für uns, um realisieren zu können, was wir erreicht haben. Die Vorbereitungsphase auf diese Olympischen Spiele war lang und intensiv. Jetzt ist es noch zu früh, um an Paris 2024 zu denken. Aber es ist natürlich positiv, einen solchen Schlusspunkt gesetzt zu haben!

Mateo Sanz Lanz – RS:X

Mateo Sanz Lanz hat die Schweiz an den Olympischen Spielen in Tokio träumen lassen: Am Ende des ersten Wettkampftags stand er an der Spitze des Windsurferfelds, nach dem zweiten Tag an zweiter Stelle – dank leichter Winde, die seiner kleinen Statur entgegenkommen, schaffte er es schliesslich, sich trotz der Bedingungen der darauffolgenden Tage in den TOP 10 zu halten. Er beendet das Medal Race (Endlauf, der doppelt zählt) als Dritter und sichert sich den achten Platz im Gesamtklassement. Ein hervorragendes Ergebnis, das dem Segler vom Gstaad Yacht Club ein Olympisches Diplom beschert.

Zusammen mit seinem Trainer Asier Fernandez, der ihn seit seinen Anfängen begleitet, gelang es Mateo Sanz Lanz, die Windbereiche, in denen er seine Leistung abrufen kann, zu erweitern. Als Leichtwindspezialist liess er das Feld an den ersten zwei Tagen hinter sich und konnte schliesslich bis zum Schluss vorne mitsegeln. Der 27-jährige Windsurfer, der in Formentera (Spanien) zuhause ist, hatte an den Olympischen Spielen von Rio 2016 den 14. Platz erreicht.

Mateo Sanz Lanz, RS:X : Ich wollte das Medal Race in den TOP 3 der zehn weltbesten Windsurfer beenden. Und es ist mir gelungen! Ich konnte einmal mehr zeigen, dass ich einer der Schnellsten des Feldes bin und freue mich sehr, mit einem Diplom in die Schweiz zurückzukehren. Hätten sich die starken Winde auf nur einen Tag beschränkt, wäre ich näher an den Besten geblieben und hätte eine Chance auf eine Medaille gehabt. Aber zwei Starkwindtage, das war zu viel für mich … Angesichts der Bedingungen dieser Woche habe ich das beste Ergebnis erzielt, das ich konnte.

Was die Leistung betrifft, habe ich gezeigt, dass ich mich in den letzten fünf Jahren bei Starkwind wirklich verbessert habe. Das freut mich richtig! Jetzt werde ich diesen Erfolg etwas geniessen, einige Tage in den Urlaub fahren und dann langsam zum iQFoil (nächste Windsurfklasse für Paris 2024) wechseln.

Sébastien Schneiter & Lucien Cujean – 49er

Weniger erfolgreich war der 49er von Sébastien Schneiter und Lucien Cujean. Das Duo der Société Nautique de Genève konnte sich nicht für das Medal Race qualifizieren und beendet seine zweiten Spiele auf dem 14. Platz. Nach dem 13. Rang in Rio strebten Sébastien (25) und Lucien (31) in Tokio ein besseres Ergebnis an. In einigen Läufen vorne mit dabei, aber schliesslich mit zu vielen Fehlern, konnten sie dieses Ziel nicht erreichen.

Als einziges Schweizer Duo noch im Rennen sind Linda Fahrni und Maja Siegenthaler (Thunersee Yacht Club). Sie belegen aktuell den fünften Platz im Zwischenklassement bei den 470er Frauen. Es bleiben ihnen noch vier Qualifikationsläufe vor dem Medal Race am Mittwoch, 4. August, um 8.30 Uhr (Schweizer Zeit).

Sébastien Schneiter und Lucien Cujean : Wir wissen im Moment auch noch nicht, wo die Probleme während dieser Regatta lagen. Das müssen wir in aller Ruhe untersuchen. Bei diesen Bedingungen sind wir alle gleich stark und wir können uns glücklich schätzen, uns auf dem Wasser mit so talentierten Seglern messen zu dürfen. Alle waren in Bestform, es war schwierig, aus dem Feld auszureissen. Wir werden dies nun in aller Ruhe analysieren und nach diesen schwierigen Spielen nach vorne schauen! Die Olympischen Spiele sind eine besondere Regatta, wir haben zu Beginn Chancen verpasst und Fehler gemacht, die uns teuer zu stehen kamen. Es war heute sehr schwierig, das Wasser zu lesen. Wir haben eine Menge von diesen Olympischen Spielen lernen können und werden als Segler an dieser Erfahrung wachsen!

Maud Jayet – ILCA 6

Die 25-jährige Maud Jayet, die die Schweiz in der Bootsklasse ILCA 6 (ehemals Laser Radial) vertreten hat, beendet ihre ersten Olympischen Spiele als Neunzehnte (Ergebnisse). Es ist eine leicht getrübte Bilanz für die von Nathalie Brugger trainierte Seglerin. Für die anderen Athletinnen und Athleten des Swiss Sailing Teams (SST) sind die Spiele aber noch nicht beendet. So bestreitet Mateo Sanz Lanz morgen um 8.30 Uhr das Medal Race in der Windsurf-Klasse RS:X, während die anderen beiden Boote noch an Qualifikationsrennen teilnehmen.

In dem aus 44 Booten bestehenden Feld gelang Maud Jayet leider nicht die Qualifikation für das Medal Race, obwohl sie bei den zehn ausgetragenen Rennen einen Laufsieg erringen konnte. Bei den Europameisterschaften im Frühjahr hatte sie in derselben Disziplin Rang acht belegt.

Maud Jayet, die von der dreifachen Schweizer Olympiateilnehmerin Nathalie Brugger trainiert wird, ging für die Société Nautique de Genève und den Club Nautique de Pully an den Start.

Maud Jayet : Ich bin natürlich enttäuscht, weil ich seit einem Jahr bei den letzten Regatten nie aus den TOP 8 herausgefallen war. Ich habe den Eindruck, dass mir in dieser Woche – und auch heute noch – viele vermeidbare Fehler unterlaufen sind. Ich glaube, dass es mir bei meiner Ankunft hier an mentaler Frische gefehlt hat. Im Frühjahr war ich im Zusammenhang mit meiner Auswahlregatta unter grossem Druck. Meine Saison stand im Zeichen dieses Schlüsselrennens. Danach hatte ich einen Durchhänger, fühlte mich müde und hatte Mühe, mich zu motivieren. Bei der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele hat das nicht geholfen … Ich werde aus diesen Fehlern lernen und die Lehren für Paris nutzen! Ich werde für Paris bereit sein und dort meine beste Leistung abrufen, das weiss ich. Jetzt werde ich erst einmal eine kleine Segelpause einlegen, um dann für Paris wieder bei null anzufangen.