Bereit für Paris 2024
«United 4 Excellence» lautet das Motto von Swiss Olympic für die Olympischen Spiele 2024. Die Schweizer Seglerinnen und Segler in Marseille sind gut vorbereitet und haben ein gemeinsames Ziel: Die lange Zeit von über 55 Jahren ohne Schweizer Segelmedaille zu beenden.
Maud Jayet (SNG) auf dem ILCA 6, Elena Lengwiler (SKA/GYC) auf dem Formula Kite, Sébastien Schneiter (SNG) und Arno de Planta (CVV/SNG) auf dem 49er, Yves Mermod (TYC) und Maja Siegenthaler (TYC) auf dem 470 Mixed sowie Elia Colombo (CVLL) auf dem IQ Foil – die Schweiz ist bei den olympischen Regatten vor Marseille in fünf von zehn Klassen vertreten. Podestplätze bei den Weltmeisterschaften vor einem Jahr, starke Leistungen bei anderen wichtigen Regatten und ein souveräner Sieg bei der Last Chance Regatta vor Hyères, als es um die letzten Nationen-Quotenplätze ging, haben dem Swiss Sailing Team ein neues Selbstverständnis und viel Selbstvertrauen gegeben.
Porträts von den Seglerinnen und Seglern finden Sie auf dem Youtube-Kanal des Swiss Sailing Teams.
«Swiss Sailing als Dachverband ist stolz, mit einem so starken Team in Marseille dabei zu sein – auch in zwei foilenden Disziplinen», sagt Lucas Landolt, Präsident von Swiss Sailing. «Unser Verband fördert alle Belange des nationalen Segelsports, erbringt die dazu notwendigen Dienstleistungen für seine Mitglieder und pflegt eine umfassende Informations- und Medienarbeit. Die tollen Leistungen unserer Athletinnen und Athleten in den olympischen Klassen bestätigen unser diesbezügliches Engagement.»
Die Delegation des Swiss Sailing Teams in Marseille wird von Teamchef Christian Scherrer geleitet. Zusammen mit Marco Brunner (COO), dem ganzen Staff und den Coaches geht es für Scherrer darum, die besten Rahmenbedingungen zu bieten: «Wir haben in den letzten Jahren hart gearbeitet und sind als Team zusammengewachsen. Jetzt gilt es, das Optimum herauszuholen.» Christian Scherrer ist überzeugt, dass die Ausganglage für die Schweizer Athletinnen und Athleten in Marseille so gut ist wie seit langem nicht mehr, und dass ein grosses Leistungspotenzial vorhanden ist. «Insbesondere die Breite in unserem Olympia-Kader ist beeindruckend. Es ist ein langer Weg und am Schluss muss alles passen – doch das Ziel ist klar: Eine Segelmedaille für die Schweiz.»
1968 gab es die letzte Schweizer Olympiamedaille im Segelsport – höchste Zeit also, dieses lange Warten auf Edelmetall zu beenden.
Klassen und Zeitplan
Die Segelregatten der Olympischen Spiele Paris 2024 finden vor Marseille statt. Insgesamt werden zehn Medaillensätze vergeben – gleich viele, wie schon bei vergangenen Spielen. Gegenüber Tokyo hat es folgende Anpassungen gegeben: Der Finn – seit 1952 im olympischen Programm – wurde ersatzlos gestrichen und der 470 wird neu mixed gesegelt. Dafür wurde Formula Kite sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern ins Programm aufgenommen. Und bei den Windsurfern wird seit diesem Jahr auf dem iQ-Foil gesegelt – statt wie zuletzt auf dem RS:X. Unverändert mit dabei sind der ILCA 6 (Frauen) und ILCA 7 (Männer), der 49er (Männer) und 49er FX (Frauen) sowie der Nacra 17 (mixed). Die Regatten beginnen am 28. Juli für die 49er und die Windsurfer und enden am 8. August mit den Medal Series der Kiter.
Verfolgen Sie das Swiss Sailing Team online und auf den Social-Media-Kanälen – wir berichten täglich aus Marseille:
Newsroom/Internet: www.swiss-sailing-team.ch
Instagram: swisssailingteam
Facebook: SwissSailingTeam
Marseille: Vielseitiges Revier
Das Revier für die Olympischen Spiele befindet sich südwestlich von Marseille, in einem Trapez zwischen dem Festland und den Îles du Frioul. Die Veranstalter haben vier Zonen definiert, in denen gesegelt wird: Corniche, Marseille, Frioul und Calanques – wobei gemäss den Sailing Instructions die am südlichsten gelegene Zone Calanques nur als Reserve vorgesehen ist. Als Olympiahafen dient die neu gebaute Marina von Roucas-Blanc, unmittelbar nördlich des Parc Balnéaire du Prado. Neue Gebäude mit insgesamt 7000 m2 wurden realisiert und 17 000 m2 Aussenfläche umgestaltet.
Das Swiss Sailing Team hat auf dem Hafengelände zwei Container platziert. Hier können sich die Athletinnen und Athleten in Ruhe vorbereiten, es gibt Schatten und kühle Getränke und allfällige Wartezeiten können überbrückt werden. Zudem ist hier Ersatzmaterial gelagert und es werden kleinere Wartungs- respektive Reparaturarbeiten vorgenommen.
Eine besondere Bedeutung hat für die Veranstalter die Corniche, eine rund 5 km lange Uferstrasse nördlich des Hafens. Von hier aus soll es tausenden Zuschauern und Zuschauerinnen möglich sein, die Wettkämpfe aus nächster Nähe mitzuverfolgen.
Meteorologisch wird das Olympiarevier geprägt vom Mistral. Für diesen verantwortlich ist das Zusammenspiel zwischen einem stabilen Hoch über der Biskaya und einem Tief über dem Golf von Genua. Zieht dann eine Störung über Nordfrankreich nach Osten ab, strömt Polarluft in den Mittelmeerraum. Am stärksten ist der Mistral in der Regel im Winter und im Frühling – im Sommer kann es ebenfalls Mistral geben, meistens ist er dann allerdings etwas schwächer. An solchen Tagen kann auch mal eine Pattsituation zwischen der Seabreeze und dem an der Küste aus nordwestlicher Richtung wehenden Mistral entstehen. Immerhin zeigt die Statistik, dass sich an gut 40 Prozent der Tage im Sommer bei leichten Druckgradienten eine Seabreeze mit 10 bis 15 Knoten aufbaut. Die ersten Regatten des Tages wurden auf dem provisorischen Zeitplan um 12 Uhr angesetzt – es ist zu befürchten, dass gerade bei Seabreeze einiges an Wartezeit auf die Seglerinnen und Segler zukommt…
Trotzdem: Für Marco Versari, Datenanalyst und Meteospezialist des Swiss Sailing Teams ist klar, dass Marseille «ein sehr vielseitiges, spannendes Revier bietet.» Während den Spielen wird Versari für das Schweizer Team jeden Tag eine Wetterprognose erstellen und im Verlaufe des Tages aktualisieren. Die Spannung steigt…
Vor der Abreise
Am Mittwoch, 17. Juli trifft sich die Schweizer Segeldelegation vor der Abreise nach Marseille in Zürich zu einem Olympic Farewell Lunch und zur Kleiderausgabe bei Ochsner Sport. Am Mittag sind die Presse sowie alle Stakeholder und Unterstützer in den Zürcher Yacht Club eingeladen. Nach einer kurzen Teampräsentation stehen die Athletinnen und Athleten für Einzelgespräche und Interviews zur Verfügung. Nach einem Apéro Riche erhalten die Seglerinnen und Segler ihre offizielle On-Swiss-Olympic-Teambekleidung im Showroom von Ochsner Sport in Dietikon. Und dann… let the Games begin!
Mit dem Swiss Sailing Team in die Zukunft
Im Vorfeld der Olympischen Spiele 2024 erneuert der Schweizerische Segelverband Swiss Sailing die Leistungsvereinbarung mit dem Swiss Sailing Team und setzt damit ein starkes Zeichen für ein langfristiges Engagement bis hin zu den Olympischen Spielen in Los Angeles (2028) und Brisbane (2032).
Lucas Landolt, Präsident von Swiss Sailing, kommentiert: «Unser Verband hat in den letzten Jahren mit seiner 100-Prozent Tochtergesellschaft im Bereich Leistungssport vieles richtig gemacht. Mit diesem klaren Bekenntnis wollen wir die Rahmenbedingungen für eine langfristige, erfolgreiche Weiterentwicklung schaffen. Zudem ist das Committment ein wichtiges und verdientes Signal für unsere Athletinnen und Athleten, deren Clubs und Klassen sowie für alle Supporter des leistungsorientierten Wind- und Segelsports. Für die grossartige Unterstützung bedanke ich mich im Namen von Swiss Sailing sehr.»
Nach den Olympischen Spielen in Marseille sollen in einem strukturierten Rückblick die Learnings aus den letzten Jahren aufgearbeitet werden und in die aktuellen Prozesse einfliessen. So dass der Leistungssport-Bereich von Swiss Sailing für die Zukunft gerüstet ist und das vorhandene Potenzial noch besser umgesetzt werden kann.
Christian Scherrer, CEO und Teamchef des Swiss Sailing Teams, ergänzt: «Wir schätzen das Vertrauen und freuen uns, die Arbeit mit der Schweizer Segelelite und dem Nachwuchs auch in Zukunft fortzuführen und die Schweiz bei internationalen Wettkämpfen zu vertreten. Unser Fokus liegt nun ganz auf den Youth Worlds, die soeben auf dem Gardasee begonnen haben und dann natürlich auf den Regatten der Olympischen Spiele in Marseille. Danke für die Unterstützung.»
Behind the scenes: Maayke Van der Pluijm
Maayke Van der Pluijm lebt und arbeitet seit 15 Jahren in der Schweiz. Die studierte Psychologin hat sich auf Sportpsychologie und auf Mentalcoaching bei Sportlerinnen und Sportlern spezialisiert. Für die SST ist sie seit 2022 tätig. Wir haben uns am Rande des SST-Team-Meetings Anfang Juni in Marseille mit der französisch und englisch sprechenden Niederländerin unterhalten.
Maayke, was ist deine Rolle in der SST?
Meine Rolle auf einige Sätze herunterzubrechen ist gar nicht so einfach. Grundsätzlich würde ich sagen: Es geht im Sport immer um die Leistung – mein Part ist, dass dabei die Balance nicht verloren geht. Eine gute Leistung im Sport basiert auf viel mehr als nur der richtigen Technik und Taktik. Ich helfe den Athletinnen und Athleten, ihre mentalen Skills zu verbessern und ihre Stärken auszuspielen. Letzteres ist gar nicht so einfach wie es tönt: Um die eigenen Stärken ausspielen zu können, muss man zuerst wissen, wo sie liegen.
Ist das nicht die Aufgabe des Coaches?
Segeln ist eine unglaublich komplexe Sportart. Der Coach legt seinen Fokus in erster Linie auf die rein seglerischen Aspekte. Ich schaue das ganze Drum und Dran an.
Kannst du uns das konkreter erklären?
Eine Regatta beginnt nicht erst mit dem Startprozedere und endet nicht mit dem Zieldurchgang. Die ganze Vorbereitung, das viele Reisen, die finanziellen Aspekte, je nach dem die Dynamik im Team – das sind alles Faktoren, die zwar enorm wichtig sind, die es jedoch im entscheidenden Moment auszublenden gilt. Das ist nicht immer einfach – gerade auch für junge Sportlerinnen und Sportler. Da ist es wichtig, mit kleinen und grossen Zielen zu arbeiten.
Es geht also darum, den Fokus auf den Moment zu richten?
Das ist sicher ein wichtiger Aspekt. Es geht aber auch um den Umgang mit Stress und mit Emotionen – egal ob diese nun positiv sind oder nicht. Nach einem guten Lauf sofort wieder für den nächsten bereit zu sein, ist manchmal genauso schwierig, wie nach einem schlechten Lauf.
Stehst du bei deiner Arbeit auch mit den Coaches im Kontakt?
Unbedingt! Manchmal sogar mehr als mit den Sportlerinnen und Sportlern selber. Es geht darum, ein Bild vom Grossen und Ganzen zu haben. Da ist die Sicht der Coaches natürlich immer auch ein Teil davon. Trotzdem ist klar, dass ich dann in schwierigen Situationen vor allem für die Athletinnen und Athleten da bin.
Bist du selber auch gerne auf dem Wasser?
Mein Mann und ich sind begeisterte Kiter und entsprechend gerne an tollen Kitespots unterwegs. Zudem habe ich mit dem Wingfoilen angefangen…
Wie kommt es, dass du als Niederländerin in Lausanne und für die SST arbeitest?
Das ergab sich eigentlich eher zufällig. Mein Mann und ich klettern auch sehr gerne und darum gefiel uns die Vorstellung, nahe bei den Bergen zu leben. Lausanne und der Genfersee sind eine wunderschöne Gegend, und wir fühlen uns hier wohl.
Maayke, danke für das Gespräch und auf eine gute Unterstützung unserer Seglerinnen und Segler in Marseille!