Bald schon ist es ein Jahr her, seit vor Marseille um olympisches Edelmetall gesegelt wurde. Die Schweizer Delegation erreichte ein hervorragendes Team-Ergebnis mit fünf Diplomen in fünf Klassen. Maud Jayet (SNG) auf dem ILCA 6, Elena Lengwiler (SKA/GYC) auf dem Formula Kite, Elia Colombo (CVLL) auf dem iQ Foil, Sébastien Schneiter (SNG) und Arno de Planta (CVV/SNG) auf dem 49er sowie Yves Mermod (TYC) und Maja Siegenthaler (TYC) auf dem 470 Mixed – alle qualifizierten sich fürs Medal Race, respektive für die Medal Series und sicherten sich mit einer grossartigen Leistung ein Diplom. Die lang ersehnte Olympia-Medaille war verschiedene Male zum Greifen nah, blieb jedoch aus.
Nach den Spielen gönnten sich einige Athletinnen und Athleten einen wohlverdienten Break. Schneiter/de Planta und Maud Jayet konzentrierten sich auf den Sail GP, Mermod/Siegenthaler und Elena Lengwiler nahmen sich eine Auszeit. Dennoch lief beim Swiss Sailing Team im ersten Halbjahr 2026 schon einiges…
Die Saison startete traditionell in Palma mit der 54. Trofeo Princesa Sofía in Palma de Mallorca und einem ersten Stelldichein für Olympia-Athletinnen und -Athleten aus der ganzen Welt.
Bei den ILCA-Weltmeisterschaften in Qingdao klassierten sich Anja von Allmen (11. von 99 Athletinnen), Maud Jayet (17./99) und Guthier Verhulst (33./138) inmitten der Weltelite. Bei der Kieler Woche, die erstmals im Rahmen des erstmals ausgetragenen Sailing Grand Slam gesegelt wurde, doppelten Anja von Allmen (17./88) und Gauthier Verhulst (26./148) nach. Zudem meldeten sich Joshua Richner und Nilo Schärer mit einem guten Comeback (18./74) zurück – nach einer verletzungsbedingten Pause von Nilo.
Gian Andrea Stragiotti (ZYC) zeigte bis jetzt eine bärenstarke Saison: Der 17-jährige Innerschweizer segelte in Hyères aufs Podium und wurde bei der Formula-Kite-EM im türkischen Urla Vize-Europameister bei der Elite! An den Kite Youth Europeans in Gizzeria (Kalabrien, ITA) gab es in der U19-Wertung gar einen Schweizer Doppelsieg: Gold für Stragiotti und Silber für Karl Mäder (SKA). Die jungen Kiter sind damit definitiv in der Weltspitze angekommen.
Und bei der 29er EM in Riva auf dem Gardasee (ITA) gewannen Ikke Huber und Liam Berger (TYC) die Bronzemedaille. Sie starteten mit drei Laufsiegen in die Qualifikation und konnten trotz eines kleinen Durchhängers bis am Schluss den Podestplatz verteidigen. Die gemeinsame Nachwuchsarbeit der Clubs wie dem Thunersee-Yachtclub und des Swiss Sailing Teams trägt auch hier Früchte.
Aktuell segelt die iQ-Foil-Squad mit Elia Colombo und Sebastian Schaerer in Aarhus (DEN) ihre Weltmeisterschaft und im August stehen die ILCA-Europameisterschaften in Marstrand (SWE) auf dem Programm. Die Regattasaison ist in vollem Gang.
Im Ausblick auf Los Angeles 2028 gibt es ebenfalls Neuigkeiten. Das Organisationskomitee von LA28 hat (endlich!) die Austragungsorte für die Segelwettkämpfe bekannt gegeben. Die Board-Wettkämpfe (Windsurfen, Kiten) werden in Long Beach stattfinden – an demselben Ort, an dem bereits bei den Olympischen Spielen 1984 gesegelt wurden. Die Jollen, Skiffs und die Mehrrumpfboote werden dagegen vor dem Hafen von Los Angeles regattieren – dort wo auch dieses Jahr ein SailGP-Event stattfand.
MEET THE TEAM
Seit dieser Saison sind zwei neue Coaches für das Swiss Sailing Team tätig. Jakub Kozelsky ist neu als Coach für die ILCA-6-Squad mit dabei und Steve Allen als Experte bei den iQ Foils.
Jakub Kozelsky (1977) begann schon im Alter von 6 Jahren zu segeln. Zuerst auf dem Optimist, später wechselte er auf den Vaurien und segelte eine Reihe andere Klassen wie beispielsweise Melges 24 und Melges 32. Trotz verschiedener Erfolge war er schon früh als Coach unterwegs. «Meine erste und bedeutendste Erfahrung war die Arbeit mit meiner Frau Veronika Fenclová. Ich unterstützte sie auf ihrem Weg an die Weltspitze der ILCA-6-Klasse.» Offenbar tat er das sehr gut: Veronika Fenclová belegte zweimal den vierten Platz bei den Weltmeisterschaften und bei den Olympischen Spielen von London 2016 und Rio 2016 wurde sie 9. und 12. Seit 2012 ist Kozelsky in Belgien engagiert und trainiert das belgische Olympiateam. Auch das mit Erfolg: Emma Plasschaert wurde 2018 ILCA-6-Weltmeisterin.
Was sind seine ersten Eindrücke vom Swiss Sailing Team? «Obwohl ich erst frisch dabei bin, habe ich schon viele begeisterte Segler, Trainer und Betreuer kennengelernt. Ich schätze es sehr, dass ein technologischer Ansatz gesucht wird, und ich habe mich gefreut, dass ich schon früh mit den Mitarbeitern des technischen Supports in Kontakt gekommen bin. Insbesondere konnte ich schon einige gute Gespräche mit Marco Versari – Swiss Sailing Team Data and Technology Manager – führen. Insgesamt fühle ich mich als Neuankömmling herzlich willkommen und gut unterstützt.»
Das nächste grosse Ziel sind die Olympischen Spiele Los Angeles 2028 – wo gilt es, die Schwerpunkte zu setzen? «Eine optimale Vorbereitung auf den ersten Olympia-Qualifikations-Event ist von entscheidender Bedeutung. Im Idealfall sichern wir uns den Nationenplatz gleich bei der ersten Möglichkeit. Gleichzeitig müssen wir natürlich damit beginnen, das neue Olympiarevier zu erkunden und ein Fundament an Ortskenntnis aufzubauen. Abgesehen davon: Was ich bei olympischen Kampagnen immer als entscheidend empfunden habe, sind ein starker Teamgeist und eine enge Zusammenarbeit zwischen den Coaches und dem Betreuerteam. Wenn das ganze Team sich gegenseitig unterstützt, wird alles einfacher – und macht mehr Spass. Für mich ist Teambildung eine der wichtigsten Zutaten für den Erfolg.»
Und zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was ist Ihnen wichtig im Leben? «Natürlich sind meine Frau und unsere beiden Kinder der Mittelpunkt meines Lebens. Aber darüber hinaus lege ich auf Integrität. Und ich will als gutes Beispiel vorangehen: Das tun, was man liebt, hart dafür arbeiten und dabei trotzdem jeden Moment geniessen. Der Weg ist das Ziel. Ich habe in den letzten zwei Jahren mit Wingfoilen begonnen. Es macht mir Spass und ich geniesse es, etwas neues zu erlernen – auch wenn es in meinem Alter manchmal schmerzt. Vor allem mein Ego, um ehrlich zu sein!
Steve Allen (1973) ist ein ganz grosser Name im Windsurfen. Der Australier stand bereits mit 10 Jahren zum ersten Mal auf dem Brett und wurde mit 20 Jahren Profi. Steve Allen war der erste, der den anspruchsvollen «table top forward» während des Wave-Wettkampfs perfektionierte, seine ganz grosse Spezialität wurden allerdings die Upwind-Racing-Disziplinen. Zwischen 1992 und 2019 gewann er über 10 Weltmeistertitel, bevor er sich aufs Coaching konzentrierte und dabei unter anderem auch Björn Dunkerbeck zu seinem letzten PWA-Titel verhalf.
Steve Allen gilt als detailversessener und akribischer Arbeiter. Das Material ist ihm genauso wichtig wie die Physis und die mentale Bereitschaft, um Spitzenleistungen zu erbringen. «Mein erster Eindruck beim Swiss Sailing Team ist, dass alle motiviert sind und das beste Material zur Verfügung steht. Jetzt bin ich sehr gespannt, was alles drin liegt», sagt Steve Allen, der zuletzt die chinesischen Windsurfer auf dem Weg an die Olympischen Spiele Paris 2024 begleitete und dort bei den Frauen eine Medaille nur knapp verpasste (Zheng Yan, 5. Platz). «Für Los Angeles 2028 geht es darum, ein starkes Duo oder noch besser eine starke Gruppe zu formen, in der sich dann alle gegenseitig pushen. Da gibt es noch viel Verbesserungspotenzial, doch wir machen aktuell grosse Schritte vorwärts.» Neben dem Surfen stehen für Steve Allen seine Partnerin und seine beiden Kinder im Fokus. «Meine Tochter beendet gerade ihr Studium und mein Sohn ist auf dem Weg zum Tennisprofi.»